Ausbildung

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Seit mehr als 30 Jahren studieren westliche Ärzte Tibetische Medizin in Deutschland. Mit der Etablierung einer ärztlichen Ausbildung in Tibetischer Medizin wurde ein erster Schritt unternommen, dieses eigenständige Medizinsystem im Westen für Ärzte und Patienten anwendbar zu machen – ohne Verlust von Authentizität und Tradition. Dieses Ausbildungsprogramm ist in Europa einmalig und hat wesentlich zur Verbreitung der Tibetischen Medizin im westlichen Kontext beigetragen.

Die ärztliche Ausbildung in Tibetischer Medizin wurde 1993 von Prof. h.c. Dr. med. Walburg Maric-Oehler im Rahmen der Spezialausbildungen der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V. / DÄGfA (gegr. 1951) ins Leben gerufen. In den folgenden Jahren wurde sie systematisch zu einer umfassenden Grundausbildung für Ärzte in einem Programm von 20 Kursen weiterentwickelt.

Die Ausbildung wird von Prof. Dr. P. Y. Arya T. Sherpa und seiner persönlichen Schülerin und Assistentin Sonja Maric durchgeführt. In enger Anbindung an die klassische Tradition der Tibetischen Medizin konnten dabei über viele Jahre hinweg wertvolle Erfahrungen gesammelt werden, wie sich dieses Medizinsystem sinnvoll in die westliche medizinische Praxis integrieren lässt. Die beteiligten Dozenten stehen für fachliche Kompetenz, langjährige Lehrerfahrung und eine didaktisch reflektierte Vermittlung aus ost-west-medizinischer Perspektive.

Heute steht dieser Ansatz im Einklang mit aktuellen Entwicklungen in der Komplementärmedizin: dem wachsenden Bedürfnis nach integrativen, patientenzentrierten Behandlungsformen, nach differenzierter Diagnostik und nach einem Menschenbild, das Körper, Geist und Lebensführung in ihrem Zusammenhang versteht. Die Tibetische Medizin eröffnet hier zusätzliche Perspektiven – für individuelle Therapieansätze, für ganzheitliche Diagnostik und für einen vertieften Blick auf Krankheits- und Heilungsprozesse.

Auf dieser langjährigen Erfahrung aufbauend wurde ergänzend eine eigenständige Ausbildung in Tibetischer Medizin für medizinische Heilberufe entwickelt. Sie greift zentrale Konzepte der ärztlichen Ausbildung auf und überträgt sie in eine praxisnahe, modulare Form, die unterschiedlichen therapeutischen Arbeitsfeldern gerecht wird.

Ziele der Ausbildung

Ziele einer Ausbildung in Tibetischer Medizin sind ihre Verbreitung und ihre schrittweise Integration in unsere moderne Medizin und unser Gesundheitssystem. Dabei geht es gleichermaßen um die Bewahrung der Tibetischen Medizin als eigenständiges Medizinsystem wie um ihre sachgerechte Anwendung im westlichen Kontext.

Die Ausbildung verfolgt unter anderem folgende Anliegen:

  • Erschließung zentraler Grundkonzepte der Tibetischen Medizin für den westlichen Anwender
  • Vermittlung spezifischer diagnostischer und therapeutischer Konzepte
  • praxisnahe Nutzbarmachung des Methodenspektrums
  • Erweiterung konventioneller und komplementärmedizinischer Diagnose- und Therapieansätze
  • Förderung eines pluralistischen Medizinverständnisses
  • Information über aktuelle Entwicklungen und Forschung
  • Vorbereitung einer verantwortungsvollen Integration in Theorie und Praxis
  • Beitrag zur Weiterentwicklung integrativer Medizin und Public-Health-Ansätze

Inhalte und Schwerpunkte der Ausbildung

Der Schwerpunkt der Ausbildung liegt auf der praxisorientierten Vermittlung von Medizintheorie und therapeutischer Anwendung. Dazu gehören unter anderem:

  • psychosomatische Konzepte der Tibetischen Medizin
  • Konstitutionslehre
  • allgemeine und spezielle Pathologie
  • diagnostische Methoden wie u.a. Puls- und Zungendiagnose
  • Ernährungslehre und Diätetik
  • Anweisungen zur Lebensführung
  • pflanzliche Arzneimittel (Materia Medica)
  • ausgewählte äußere Therapieformen wie u.a. Moxibustion und Hor-me (spezielle Hitzetherapie)

Ein besonderer Stellenwert kommt der Konstitutionslehre zu. Sie eignet sich besonders gut als Einstieg in die Tibetische Medizin, da sich hier das grundlegende Drei-Säfte-Modell in seinen unterschiedlichen Aspekten anschaulich erschließt. Die Konstitutionslehre ist gut erlernbar und lässt sich unmittelbar in die tägliche Praxis umsetzen. Ihre präventiven Möglichkeiten werden hier besonders deutlich, da Patienten ihren Krankheits- und Heilungsprozess besser nachvollziehen können, was sich positiv auf Verständnis und Mitarbeit auswirkt.

Integration in die Praxis

Ein zentrales Anliegen der Ausbildung ist die praktische Anwendbarkeit der Tibetischen Medizin im therapeutischen Alltag. Gerade bei chronischen und funktionellen Beschwerden eröffnet sie differenzierte diagnostische und therapeutische Perspektiven, die sich gut mit bestehenden naturheilkundlichen und komplementärmedizinischen Verfahren verbinden lassen.

Grundkonzepte wie die Konstitutionslehre, die Arbeit mit Ernährung und Lebensführung sowie das Verständnis der Verdauungshitze (medrod) lassen sich direkt in den Praxisalltag integrieren. Sie schaffen Orientierung in komplexen Beschwerdebildern und ermöglichen strukturierte, individuell abgestimmte Therapieschritte. Die Ausbildung vermittelt diese Inhalte nicht isoliert, sondern im Zusammenhang von Diagnose, Therapie und therapeutischer Haltung.

Aufbau der Ausbildungswege

Ärztliche Ausbildung in Tibetischer Medizin

Die ärztliche Ausbildung gliedert sich in zwei Abschnitte:

  • Einführung in die Tibetische Medizin (kompakt)
    im Rahmen der Spezialausbildungen der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V. / DÄGfA
  • Grundausbildung in Tibetischer Medizin
    ergänzt durch Sonderkurse zu ausgewählten Spezialthemen

Mehr zur ärztlichen Ausbildung

Ausbildung in Tibetischer Medizin für medizinische Heilberufe

Die Ausbildung für medizinische Heilberufe ist modular aufgebaut und richtet sich an Ärzte, Heilpraktiker, Psychologen, Psychotherapeuten sowie weitere therapeutische Berufsgruppen. Sie vermittelt die Grundlagen, diagnostischen Konzepte und therapeutischen Verfahren der Tibetischen Medizin in einer Form, die unmittelbar in den jeweiligen beruflichen Kontext integriert werden kann.

Mehr zur Ausbildung für medizinische Heilberufe hier

Kompaktkurse Tibetische Medizin

Für den Einstieg oder zur gezielten Vertiefung werden Kompaktkurse angeboten, insbesondere im Bereich der Konstitutionsmedizin:

  • Tibetische Konstitutionsmedizin I – 4-tägiger Kompaktkurs für Einsteiger
  • Tibetische Konstitutionsmedizin II – 4-tägiger Kompaktkurs für Fortgeschrittene

Mehr zu den Kompaktkursen

Ausblick

Für die Ausbildung in Tibetischer Medizin wünschen wir uns, dass sie auch künftig viele Therapeutinnen und Therapeuten inspiriert, dieses besondere Medizinsystem kennenzulernen und verantwortungsvoll anzuwenden. Ziel ist eine Medizin, die integrativ denkt, ethisch handelt und den Menschen in seiner Komplexität ernst nimmt.

So zeigt sich die Ausbildung nicht als starres Curriculum, sondern als lebendiger Lernweg – getragen von Erfahrung, Praxisnähe und einem kontinuierlichen Austausch, der weit über den Rahmen einzelner Seminare hinauswirkt.